40 oder 300 PS – das ist hier die Frage

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren mit voller Konzentration bei den Ausführungen von Dr. Andreas Bohner

von August Bittermann

„Ich muss einschätzen können, ob ich mit 40 oder 300 PS unterwegs bin“, erklärt Dr. Andreas Bohner, wissenschaftlicher Leiter der Abteilung Umweltökologie der HBLFA Raumberg-Gumpenstein, den fast hundert interessierten Bäuerinnen und Bauern, die gespannt den lebendigen, praxisnahen und spannenden Informationen lauschten. Carina Karnholz, Beraterin der Bezirksbauernkammern Lilienfeld und St. Pölten, organisierte zwei Almbegehungen, eine auf die Zeisel-Hinteralm und eine auf dem Tiroler Kogel. Im ÖPUL-Programm wird bei der Teilnahme an UBB oder BIO die Absolvierung von Weiterbildungsstunden mit biodiversitätsrelevanten Themen gefordert. „Das war eine tolle Veranstaltung, eine Weiterbildung zum Anfassen“, zeigten sich die Teilnehmer begeistert.
„Ich bin vom Ansturm auf unser Weiterbildungsangebot überwältigt“, eröffnet Kammerobmann Rudolf Buchner die Almbegehungen, „und wir sehen, dass Weiterbildung wichtig ist, aber auch kurzweilig und informativ sein kann und muss.“
Was auf unseren Almwiesen wächst und blüht entscheidet hauptsächlich der Boden. Mit diesem Wissen können die Bewirtschafter das Weidemanagement den Gegebenheiten anpassen, ob es ein Boden mit „40 oder 300 PS“ ist. Dr. Bohner demonstrierte daher den Teilnehmern wie man, als Laie nach einfachen Kriterien, den Boden einschätzen kann. Natürlich spielen auch noch andere Faktoren für die Pflanzenvielfalt eine wichtige Rolle. Die Niederschlagsmenge und -verteilung, die Ausrichtung der Flächen, die Windexponiertheit, die Seehöhe usw. haben ebenso Einfluss auf die Pflanzenzusammensetzung.
Unsere Almen bieten vielen Pflanzenarten, auch sehr seltenen Arten wie z.B. Orchideen, einen passenden Lebensraum. Was uns Zeigerpflanzen mitteilen wollen, erklärte Andreas Bohner anhand einiger Beispiele. Wenn der Klappertopf vermehrt auftritt, so deutet dies auf extensiv genutzte Flächen hin. Er ist ein Halbschmarotzer, einjährig, und muss daher regelmäßig versamen. Mit einer frühen Nutzung durch Mähen oder Beweiden kann die Ausbreitung verhindert werden. Der Almampfer weist uns auf nährstoffreiche Böden hin. Oft findet man dichte Bestände davon um die Almhütte. Wertvolle Futtergräser wie das Alpen-Lieschgras oder das Alpen-Rispengras findet man meist auf Fettweiden.
„Wenn es um Biodiversität geht, sind unsere Almwiesen unschlagbar“, so Andreas Bohner, „auf einer Fläche von 50 m2 können bis zu 96 Pflanzenarten vorkommen. Dies ist aber auch enorm wichtig für viele Tierarten, im Besonderen für Insekten.“ Um diese Vielfalt zu erhalten, braucht es ausreichend Weidetiere. Nur mit unseren Nutztieren können unsere Almen und Weiden sinnvoll bewirtschaftet werden. Ein standortangepasster Tierbesatz, gepaart mit dem richtigen Weidemanagement, ist Garant für eine erfolgreiche Alm- und Weidewirtschaft. Auf unseren Niederalmen hindern Förderobergrenzen die optimale Bewirtschaftung. Sie verursachen damit eine unnötige Mehrarbeit für die Bewirtschafter und sind auch kontraproduktiv zur angestrebten Biodiversität.
Als Resümee aus diesen beiden Almbegehungen nahmen die Teilnehmer die Botschaft mit: „Die Bewirtschaftung und der Erhalt der Almen bringen nicht nur die Produktion wertvoller Lebensmittel mit sich, sondern sind ein wichtiger Beitrag für die Biodiversität und sollten daher von der gesamten Bevölkerung entsprechend geachtet werden.“

Die Beurteilung des Bodens für Praktiker (© August Bittermann)